Masami Hirohatas Arbeiten bestechen durch meditative Kraft und Konzentration auf das Wesentliche. Ihr künstlerischer Ansatz ist spürbar in japanischen Traditionen verankert. Den Arbeiten gelingt es durch die Würdigung der Einfachheit der Dinge, ihre schlichte, stille Anordnung und ihre (auch) metaphorische Bedeutung ein sensibles Spannungsfeld aufzubauen, das keine weitere Erklärung braucht. Masami Hirohatas sehr ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Genre des Stilllebens äußert sich in leichten, fast selbstverständlich wirkenden, gewissenhaften Arrangements, die eine transzendente Zeitlichkeit vermitteln. Ergänzend fließen performative Elemente mit ein, die ihre eigentlich zurückhaltenden Glasobjekte durch reduzierten Einsatz von Licht bzw. Schatten auf den Gesamtraum übertragen. Hier ist zu beobachten, daß ihre Arbeiten eine neue Dimension erreichten, da sie sich räumlich ausbreiten und auswirken konnten.

 

Insgesamt strahlt die Arbeit eine hohe künstlerische Reife aus. Prinzipien der einfachen Handlung, der bewussten Beobachtung, der ständigen Wiederholung und der materiellen Reduktion kommen zu einer vollständig in sich ruhenden Aussage. Die Werke vermitteln einen sehr runden, poetischen Klang, der sehr stilsicher und fein abgestimmt ist.

 

Text aus dem Katalog subtext glas(s), 2017 

 

 

 

 

 

...

Masami Hirohata läßt den Dingen Luft. Sie können atmen.

Sie können sich entfalten, sich öffnen und aus sich heraus

erstrahlen. Diese Strahlung kann Distanzen überspringen

und eine Leere aufladen und sie können leuchten.

Ihre Arbeit kommt nicht aus dem Machenwollen,

sondern mehr aus dem Sehen, dem Zuschauen und dem

Geschehen lassen. Es ist nicht der unbedingte Drang die

Dinge völlig neu zu erfinden, der Masami Hirohata antreibt,

sondern es ist der Respekt vor der schieren, wundersamen

Existenz der Dinge und es ist das Einfühlungsvermögen in

ihre inneren Zusammenhänge.

Eine gute Portion Bescheidenheit ist hier spürbar, ein

starkes Urvertrauen, und ein Bewusstsein, daß die Dinge

ihren richtigen Platz haben, und daß sie ihn auch finden,

wenn man sie lässt. Sie springen dann hervor aus dem

Alltäglichen und konzentrieren sich, sie sammeln sich in

sich selbst und bilden eine Art atmosphärische Dichte. Die

Künstlerin gibt ihnen den Platz den sie für diese Dichte

brauchen. Sie verursacht damit eine Art Klang und eine

konzentrierte Ruhe. Kontemplation. Diese Ruhe ist oft so

zerbrechlich wie Glas. Aber auch so stark wie Glas. So

durchsichtig wie Glas, und so undurchschaubar wie Glas.

jedenfalls immer so hell, so lichtdurchflutet wie Glas.

Man könnte ihre Fotoprojekte und ihre skulpturalen Arbeiten

auch Interventionen nennen, also Hinzufügungen zu bereits

vorgefundenen Situationen Kleine unscheinbare Beifügungen

bewirken eine Abrundung, eine Vervollkommnung. Dieser Zusatz

ist oft nur eine Prise. Mehr braucht es gar nicht. Vielleicht nur noch

ein bisschen Licht, den richtigen Moment, der dann aufscheint und

einen trifft wie ein plötzlicher Sonnenstrahl.

 

In Masami Hirohatas japanischem Garten stehen keine

übervollen Schalen und die Früchte werden auch nicht

abgepflückt. Sie werden hingepflückt. Sie kommen alle aus

einem unscheinbaren Nichts und sie sind genau deshalb so

prächtig. Es geht ja beim Stilleben eben nicht nur um das

Symbolische, sondern auch um die schlichte Schönheit der

Dinge, der alltäglichen Dinge, und um die Würdigung des

Alltäglichen. Es geht um Zeit, ja, aber auch um die Zeit der

Anschauung und der Betrachtung selbst, um die Zeit, die

man sich nimmt um überhaupt etwas zu sehen.

 

Aus der Einführungsrede von Berliner Künstler Ingo Gerken bei der Ausstellung Prosascape 2016